Bild aus "Die Erzählungen des Rabbi Nachman"

Ich

Ein Schüler des großen Maggids hatte etliche Jahre dessen Unterweisung empfangen und gedachte heimzukehren. Unterwegs besann er sich, er wolle in Karlin Rabbi Ahron aufsuchen, der vordem im Lehrhaus des Maggids sein Gefährte gewesen war. Es ging auf Mitternacht, als er die Stadt betrat; aber sein Verlangen nach dem Anblick des Freundes war so groß, daß er sich sogleich zu dessen Haus wandte und an das erleuchtete Fenster klopfte. »Wer ruft?« hörte er die vertraute Stimme fragen und antwortete, da er gewiß war, daß auch die seine erkannt würde, nichts als: »Ich!« Aber das Fenster blieb verschlossen, und von innen kam kein Laut mehr, ob er auch wieder und wieder pochte. Endlich schrie er bestürzt: »Ahron, warum öffnest du mir nicht?« Da entgegnete ihm die Stimme des Freundes, aber so ernst und groß, daß sie ihn fast fremd dünkte: »Wer ist es, der sich vermißt, sich Ich zu nennen, wie es Gott allein zusteht?« Als der Schüler dies vernahm, sprach er in seinem Herzen: »Meine Lehrzeit ist noch nicht um«, und kehrte unverweilt nach Mesritsch zurück.